von Seraphin Turski
Ich musste husten; es stank bestialisch nach Benzin, ich hätte mich kaum gewundert, wäre jetzt irgendwo etwas explodiert! Gustl stand neben mir und presste sich seinen Morph gegen Mund und Nase, seine Augen tränten. Der Sheriff stand, die Arme in die Hüften gestützt, vor uns und starte auf den umgekippten Wagen, der da an der Tanksäule lag. Ein Angestellter aus der Tanke stand mit einem Feuerlöscher im Anschlag in einigen Metern Entfernung vor dem Wagen, als wartete er förmlich darauf, dass er in Flammen aufging. Der Sheriff drehte sich zu uns um und fragte: „Wer seid ihr beiden eigentlich? So ganz allein hier auf einem Parkplatz?“
Gustl und ich sahen uns an; das, was der Sheriff uns da gerade gefragt hatte, war die letzte Frage, die wir seit zwei Wochen beantworten wollten! Denn, vor zwei Wochen waren wir aus dem Internat ausgebüchst, weil wir einfach keinen Bock mehr hatten! Und seitdem versuchten wir uns selbstständig über die Runden zu bringen…oder lebten auf der Straße – egal, wie man es beschreibt und nennt, es kam immer auf das Gleiche hinaus!
Als der Sheriff plötzlich näherkam, sprang er zurück und rümpfte sich die Nase; zugegeben, wir rochen ein wenig, wie seit einer Woche nicht mehr gewaschen. Naja, es roch nicht nur so; wir hatten uns, als es uns nach der ersten Woche langsam unangenehm wurde, in einem Badehaus frischgemacht, aber wir hatten kein Geld und rein gar nichts mehr und außerdem gab es hier in dieser Gegend keine Badehäuser.
Gustl sagte: „Also… wir heißen Noah und Gustav und wir sind auf einem kleinen Wanderausflug hier durch den Wald gewesen!“, er zeigte auf den Wald, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu sehen war. Das war typisch Gustl, immer eine Ausrede parat. Der Sheriff hob die Brauen; klar, ohne Rucksäcke und müffelnd gehen die wenigsten wandern. „Die beiden gehören noch zu uns!“, sagte plötzlich jemand hinter dem Sheriff.
Ein Junge in Designerklamotten stand da und deutete auf uns: „Das sind Cousins von mir und die sind hier nur zufällig!“ Der Sheriff sah den Jungen an; der war eindeutig mehr als wohlhabend und war wahrscheinlich so in unserem Alter. Der Sheriff fragte: „Die beiden gehören also noch zu deiner Truppe?“ Er musterte uns, dann den Millionärssohn. Diesen fragte er: „Und wo sind deine Eltern? Oder die von deinen Verwandten hier?“ Der skeptische Unterton verriet mehr als eindeutig, dass er dem Jungen nicht glaubte. Er antwortete: „Ich bin nicht mit meinen Eltern, sondern mit meinem Paten unterwegs!“ Er deutete auf einen anderen Wagen, der an einer entfernteren Tanksäule stand, ein dicker Mercedes Benz. „Und dem seine Tochter ist auch von der Partie!“
Gustl und ich standen im Rücken vom Sheriff und sahen uns an; der Typ, der dem Sheriff da gerade so dreist ins Gesicht log, half uns damit zwar, aber wie ging es dann weiter? Wenn er etwas dafür als Gegenleistung haben wollte, dann hätten wir ein richtiges Problem, weil, mehr als die Kleider am Leibe hatten wir nicht mehr.
Der Sheriff fragte den Jungen skeptisch: „Wenn das wirklich deine Cousins sind, weißt du doch sicherlich, wie sie heißen?“ Der Junge sagte sofort: „Links ist Gustav und rechts steht Noah!“ Gustl und ich sahen uns erneut an. Wir hofften einfach, dass der reiche Typ nur gehört hatte, wie Gustl dem Sheriff unsere Namen genannt hatte. Denn, wenn er uns kannte…, ja, dann säßen wir höchstwahrscheinlich ganz schnell wieder im Internat.
Der Sheriff wurde der Fragen offensichtlich leid. „Ja gut, dann fahrt jetzt bitte bei eurem Cousin mit und seinem… Paten, war’s, glaube ich und verschwindet so schnell wie möglich von hier, bevor uns der Wagen wirklich noch um die Ohren fliegt!“ Der Sheriff wandte sich ab und ging zu dem Angestellten mit dem Feuerlöscher und wir rührten uns nicht. Der Millionärssohn nickte mit dem Kopf in Richtung des Benz; verdammt, wollte er wirklich, dass wir mit gingen?! Er sagte: „Ich würde euch raten, mitzukommen, wenn dieses Spiel wirken soll!“ Also ja, wir sollten mit gehen!
Ich setzte mich zögerlich in Bewegung und Gustl tat es mir gleich. Der Junge drehte sich um und ging mit strammen Schritten zum Auto. Wir mussten drei Gänge zulegen, um mit ihm mitzuhalten. Am Wagen sagte er: „Steigt hinten ein! Vorne sitzt schon jemand!“ Wo saß dann er selbst? Mit uns hinten bestimmt nicht. Völlig überfordert, was wir tun sollten, stiegen wir hinten ein, wie er es gesagt hatte und der Typ stieg vorne ein; auf der Fahrerseite!!