Kennst du das? Du stehst morgens auf und du hast direkt einen vollen Kopf mit Dingen, die du heute noch erledigen musst. Dazu kommt noch der wenige Schlaf und die Gesellschaft erwartet permanent Höchstleistung von dir und das in einem ewig anhaltenden Teufelskreis.
„Ich muss noch lernen und Hausaufgaben machen.“ „Ich möchte noch meinen Hobbys nachgehen und wenn ich dann noch Zeit habe, schaffe ich es vielleicht noch etwas zu essen.“ All diese Sachen schwirren in dem Kopf eines einzelnen Schülers herum. In der Schule angekommen und schon werden die ersten Arbeiten geschrieben. Es ist kurz nach 7 Uhr und man verlangt von einem halb schlafendem Schüler die richtigen Antworten auf Fragen, die einem nie wieder im Leben gestellt werden. Nach der Arbeit hat man ein gutes Gefühl. „Ich mein, wofür habe ich sonst mehrere Stunden meines Tages für diese eine Arbeit gelernt?“
Ich bekomme die Arbeit zurück: 4. Diese Frustration in mir. „Bin ich nicht genug?“ „Hätte ich vielleicht doch noch ein paar Stunden länger lernen sollen?“ „Ich habe doch mein Bestes gegeben, wie kommt diese Note zustande?“ „Und wie bringe ich das Ganze meinen Eltern bei?“ Ich bin müde, fühle mich antriebslos und weiß nicht wohin mit mir. Vielleicht sollte ich noch einmal kurz die Augen zumachen.
Mist, schon wieder 2 Stunden geschlafen. Wir haben es 18 Uhr und ich bin direkt nach der Schule eingenickt. Schon wieder habe ich die selben Gedanken in meinem Kopf: „Die Klassenarbeit in Mathe, die Abgabe in Biologie und Moment! – das Englisch Plakat muss ja auch noch gemacht werden.“ „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Dieser ständige Druck macht mich einfach nur fertig. Ich habe gar keine Lust auf dieses Schulzeug, wenn es am Ende eh nicht besser als eine 4 wird.“
Und genau durch diesen Schulstress eben, kommen die ganzen Probleme. Man hat Stress mit den Eltern, weil man weniger leisten kann, als sie von einem erwarten. „Lern mehr.“ „Aus dir wird eh nichts.“ „Die anderen sind besser, als du es je sein wirst.“ Immer wieder schlage ich mich mit diesen Worten herum. Ich habe es verstanden. Ich weiß, dass ich nicht genug bin. Ich weiß, dass ich mehr lernen sollte. Ich weiß, dass ich meine letzte restliche Freizeit auch noch in die Arbeiten reinstecken sollte. Doch wofür das ganze? Um am Ende ein Zeugnis in der Hand zu halten, worauf man nicht stolz ist, weil man sich anscheinend nicht genug angestrengt hat.
Was soll ich noch machen? Immer wieder schreie ich nach Hilfe. Niemand hört mich, aber gleichzeitig hören mich auch alle. Doch niemand tut etwas. „Ich kann nicht mehr.“ Diesen Satz höre ich öfters von mir selbst und von Schülern aus dieser Schule. Es fühlt sich wie eine Endlosschleife an. Sich jeden Morgen um 5:30 Uhr aus dem Bett zu quälen, weil man mal wieder bis 2 Uhr wach war, um etwas Freizeit zu genießen, nachdem man bis 22 Uhr gelernt hat. Das ist der Alltag von mir und der von vielen Tausenden Schülern.
Immer häufiger werden Schüler depressiv, da sie mit den schulischen Aufgaben hart an ihre Grenzen gelangen. Depressionen, Angst-, Schlaf- und Essstörungen, gedrückte Stimmung, sozialer Rückzug und Leistungseinbrüche in der Schule. Mit all diesen Dingen müssen Schüler in unserem Schulsystem klarkommen.
Ein anderer wichtiger Punkt wäre auch noch über die Lernatmosphäre Zuhause nachzudenken. Vielen Schülern fällt es schwer beim Lernen Zuhause Unterstützung zu bekommen, da einige Eltern viel arbeiten oder die deutsche Sprache nicht so gut beherrschen. Genau diese Schüler sollte man unterstützen.
Ich bin alleine, obwohl ich viele Menschen um mich herum habe. Doch wieso bin ich dann alleine? Weil ich mich langsam immer mehr zurückziehe. Von der Welt abkapsele und immer depressiver in meinem Zimmer herumhocke, um irgendwie mein ganzes Leben zu bewältigen.
Abschließend möchte ich sagen, dass man diese Balance zwischen „Wie viel lerne ich für die Schule?“ und „Wie viel davon brauche ich wirklich?“ früh genug erkennen sollte, um nicht in die falsche Schiene zu geraten. Denn manche Schüler haben diese Erkenntnis zu spät eingesehen und sind innerlich schon viel zu kaputt, um da wieder herauszufinden.
Ändert das Schulsystem!
Angelina Thind
(Illustration von Amélie Naumann)
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Anmerkungen der Redaktion:
Wenn es dir ähnlich wie Angelina geht, findest du unter den folgenden Angeboten Hilfe:
- das anonyme und kostenfreie Kinder- und Jugendtelefon der Nummer gegen Kummer (Tel.: 116 111)
- die Onlineberatung der Nummer gegen Kummer, wenn du lieber schreiben statt sprechen möchtest https://www.nummergegenkummer.de/onlineberatung/
- der Krisenchat ist per WhatsApp oder SMS erreichbar https://krisenchat.de/
- die Website der Stiftung Deutsche Depressionshilfe https://www.deutsche-depressionshilfe.de/ und deren Tel.: 0800 33 44 533
- unsere Schulsozialarbeiterin Kerstin Wenzel
- andere Personen, denen du vertraust (evtl. Freunde, Eltern, Lehrer*innen, …)