Das deutsche Schulsystem

Eingang: Ich bin der sächsische Kultusminister, Christian Piwarz und halte eine Rede im Landtag über das deutsche Schulsystem. 

Sehr geehrte Abgeordnete und Kollegen, 

Der 28.4.1920 ist ein historisch relevanter Tag deutscher Geschichte. Es ist der Tag an dem zum ersten Mal das deutsche Schulsystem, das wir heute noch haben, eingeführt wurde. Doch genau dies sollte eigentlich Besorgnis auslösen. Wenn man vom Jahr 1920 spricht, spricht man von vor über 100 Jahren. Zahlreiche kulturelle und politische Veränderungen, jedoch bleibt das Schulsystem unverändert. 

Natürlich dürfen wir uns eingestehen und auch stolz auf uns sein, dass wir im Vergleich sehr gut in den Werten der Schüler abschneiden. Um das zu bestätigen müssen wir nur auf die PISA Ergebnisse schauen. 

Doch müssten wir uns auch nicht die Kehrseite dieser Leistungen ansehen? Wie geht es der deutschen Schülerschaft, die diese Leistungen für uns erbringen? 

Auf diese Frage reicht ein Wort: SCHLECHT. Beinahe jeder dritte, deutsche Schüler leidet unter Schlafstörungen. Besonders in den jüngeren Jahren kann so etwas fatale Folgen nach sich ziehen. Das junge Gehirn braucht den Schlaf, um sich voll entwickeln zu können. Jedoch raubt das deutsch Schulsystem diesen Schlaf denen, die ihm folgen müssen. Abgesehen vom Schlaf ist Leistungsdruck in der Schule, teils durch die Erwartungen der eigenen Eltern, teils durch die hohen Erwartungen der Schule, eines der größten Probleme der heutigen Jugend. Sollte es normal sein, mit 15 bereits reguläre Termine beim Psychologen zu haben? 

Doch nicht nur der große Leistungsdruck zermürbt unsere eigenen Schüler – unsere eigene Zukunft. Die Lernmethodik besteht nicht mehr den Test der Zeit. Der Unterricht besteht aus stumpfem Abschreiben von der Tafel oder Wiedergeben, was einem der Lehrer sagt. Und dies immer und immer wieder. Bei solch stumpfer Repetition kann sich das Gehirn langfristig nicht mehr konzentrieren. Kurz gesagt, die Schüler lernen im Unterricht nicht alles, was ihnen beigebracht wird. 

Teils wird versucht dieses öde Buliemie-Lernen mit kreativeren Arbeitsmethoden aufzubrechen, doch auch dies funktioniert oft nur teils. Ich würde nun gern annehmen, dass sie alle schon einmal von den 4 Lerntypen gehört haben. Ein Konzept, das oft genutzt wird, um genau das zu tun, was ich gerade beschrieben habe: Den Unterricht auflockern. Wie würden sie nun reagieren, wenn ich Ihnen sagen würde, das die Theorie, nicht nur der 4 Lerntypen, sondern jeglicher Lerntypen bereits seit über 10 Jahren widerlegt ist? 

Der Unterricht heutzutage hat allerdings noch viele weitere Mängel. Nehmen wir uns als Beispiel den Geschichtsunterricht. Die Meinung und politische Ausrichtung des Lehrers kann beim vermitteln des Unterrichtsstoffes besonders in Geschichte die selbe Situation, in diesem Fall ein historisches Ereignis, für zwei Schüler in völlig verschiedenen Lichtern beleuchten. Somit ist es nicht möglich die Note des Geschichtsunterricht als repräsentativen Vergleich zwischen zwei Schülern zu benutzen, da die Bewertungskriterien bei beiden möglicherweise nicht übereinstimmen.

Als weiteres Beispiel würde ich gerne auf die Benotung in den Fächern Sport, Musik und Kunst hinweisen. Alle drei Fächer sind mit Fertigkeiten verbunden, die Talent verlangen. Doch genau dies ist das Problem. Ein Talent ist nicht erlernbar. Gute Schulnoten sollte ein Ziel sein, das man mit Lernen und Verbesserung erreichen kann. Dies ist jedoch in diesem Fall nicht möglich, da Verbesserung in allen drei Aspekten oft zu langsam oder gar nicht voranschreitet. 

Ganz abgesehen vom Unterricht und den Schülern selbst, haben viele Schulen heutzutage ein riesiges Ausrüstungsproblem. Langsame Stand PCs, veraltete Programme und auch noch der Overhead Projektor. Wir haben 6,5 MilliardenEuro Budget für die Digitalisierung von Schulen und trotzdem benutzen unsere Schüler Technologie, die 1933 erfunden wurde?

Das letzte große Problem, dass ich heute gerne ansprechen würde, ist die Aufteilung der Schüler. Wer würde einem 10-jährigen heute eine lebensverändernde Entscheidung zutrauen? Ich hoffe mal, das wir das mit „Niemand“ beantworten können. Jedoch muss man sich heutzutage in diesem Alter trotzdem bereits entscheiden, ob man auf das Gymnasium oder doch die Oberschule geht. Wenn ich hier von lebensentscheidend rede, übertreibe ich keineswegs. Jemand, der den Pfad der Oberschule und nicht des Gymnasiums einschlägt hat oft deutlich schlechtere Chancen auf einen Job akademischer Natur. 

Dabei wäre die Lösung für dieses Problem gar nicht so kompliziert. Man müsste diese Entscheidung lediglich nach hinten verschieben. Bestes Beispiel für dies wäre Finnland, wo die Kinder diese Entscheidung erst treffen müssen, wenn sie 15 Jahre alt sind. Warum ist eine so einfache Lösung bis jetzt noch nicht in die Tat umgesetzt worden? 

Obwohl ich Ihnen diese essenzielle Frage nicht beantworten kann, hoffe ich, dass ich Ihnen hiermit die Schwächen des deutschen Schulsystems klar machen konnte. 

Um nochmal zusammenzufassen: Das deutsche Schulsystem zermürbt seine eigenen Schüler durch harten Leistungsdruck. Es ist eintönig und teils unfair. Es zwingt einen zu früh, irreversible Lebensentscheidungen zu treffen und ist nicht mehr in der Lage mit der modernen Technologie mitzuhalten. 

Wir leben in einer Zeit der Veränderung, sollten wir nicht also auch JETZT das deutsche Schulsystem verändern?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Foto von Kenny Eliason auf Unsplash

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